Kennst du das, dass du etwas unbedingt willst – aber irgendwie doch nicht? Oder du möchtest etwas auf keinen Fall – aber ein Teil von dir möchte es eben doch?
Das ist ein Widerspruch, der mich schon länger irritiert.
Gerade gestern erlebte ich wieder eine solche Situation. Ich wollte etwas nicht. Das sah ich als einen Charakterzug von mir und ich akzeptierte das auch. Es charakterisiert mich also, dass ich das nicht will. Aber ich war nicht glücklich damit, es fühlte sich irgendwie nicht gut an. Denn ganz, ganz leise gab es da noch die Stimme, die sagt: “Doch, eigentlich möchte ich manchmal. Ich lehne das eigentlich gar nicht so sehr ab.”
Das verwirrte mich erneut und ich habe tiefer darüber nachgedacht, woher denn dieser Widerspruch kommt. Wie kann ich etwas nicht wollen, wenn ich es eigentlich doch will? Was passiert da? Wie kann ich das verstehen?
Ich habe keine psychologische oder ähnliche Ausbildung und ich übernehme keine Haftung für das hier Geschriebene. Aber ich möchte dennoch gerne teilen, worauf ich bei meinen Überlegungen gestossen bin, denn mir ist nun viel klarer, wo der Widerspruch herkommt. Vielleicht hilft mein Modell ja auch dir!
Das Modell – Teil 1
Zentral in meinem Modell (wie auch generell in meiner Lebensanschauung) ist, dass jeder Mensch ein wahres Selbst, ein Göttliches Ich hat. Dieses Göttliche Ich ist die Essenz eines jeden, die wahren Leidenschaften, der wahre Charakter, das ganze Potential, das jemand hat. Das Göttliche Ich ist das, was jemand wirklich ist, ohne jegliche Ängste, Blockaden oder sonstige Beschränkungen.
Jeder kennt das gute Gefühl, wenn er oder sie mit dem Göttlichen Ich verbunden ist und “es einfach stimmt”. Du hast sicher schon Entscheidungen getroffen, bei denen du einfach wusstest, dass du richtig entschieden hast. Oder du gehst völlig auf, wenn du einer tiefen Leidenschaft nachgehst.
Leider ist es nun so, dass wir alle in unserem Leben Erfahrungen machen, die Angst, Blockaden oder sonstige destruktive Verhaltens- oder Gedankenmuster zur Folge haben. Dies kann dazu führen, dass wir gewisse Sachen ablehnen. Sei dies aus Angst, um Schmerz zu vermeiden, aus Trotz oder um uns selbst oder jemand anderen für etwas zu bestrafen. Natürlich läuft das meist unbewusst ab.
Diese Ablehnung mag zu Beginn sogar noch bewusst geschehen, driftet aber je länger desto mehr ins Unbewusste ab. Es findet die destruktive Variante der Affirmation statt: Wir sagen uns immer wieder “Ich lehne das ab. Ich mag es nicht”, bis wir uns selbst glauben. Bis wir das als absolute Wahrheit, als einen gottgegebenen Charakterzug von uns sehen. Wir konstruieren uns in dieser Phase eine Rolle – und identifizieren uns mit dieser Rolle. Weil diese Rolle auf einer Ablehnung basiert, die aufgrund von Angst entsteht, ist die Haltung meist sehr extrem.
Ein Beispiel
Das war bisher sehr theoretisch und ich möchte ein Beispiel geben.
Mode interessiert mich nicht und es hat mich auch noch nie interessiert. Ich ziehe mich so an, wie es mir passt; was andere darüber denken, ist mir egal. Gleichzeitig wünsche ich mir aber immer wieder, ein besseres Gespür dafür zu haben, wie man sich elegant oder einem Anlass angemessen kleidet. Ich würde es geniessen, mich gut angezogen und gut aussehend fühlen zu können. Das ist also genau ein solcher Widerspruch! Was ist also passiert?
Zunächst mal darf ich feststellen, dass mein Göttliches Ich nichts gegen Mode hat. In meiner Kindheit machte ich aber leider die Erfahrung, während Jahren gemobbt zu werden. Kinder, beziehungsweise später Jugendliche, die modisch angezogen waren, waren fies zu mir. Ich habe also mehr oder weniger bewusst für mich den Schluss gezogen “Wer modisch ist, ist schlecht zu mir. Mode ist schlecht.” Das ist natürlich ein völlig irrationaler Schluss, aber für mich hat er damals Sinn gemacht. Als Reaktion darauf habe ich Mode abgelehnt. Ich habe mich absichtlich unmodisch angezogen. Egal, was gerade angesagt war – ich habe da immer “sicher nicht mitgemacht”. Mit der Zeit habe ich mich nicht mehr einfach nicht modisch angezogen. Ich habe begonnen, mich mit dem Nicht-modisch-Sein zu identifizieren.
Damals war das meine Art, mich von den anderen abzugrenzen und mich zu schützen. Doch heute ist mir dieses Verhalten nicht mehr dienlich. Ich tue mich noch immer schwer damit, mich bewusst schick anzuziehen. Ich kann es auch gar nicht wirklich, da ich es ja nie gelernt habe!
Mir ist dieser Zusammenhang unterdessen bewusst. Doch nehmen wir an, es wäre mir noch nicht bewusst. Was würde da passieren? Einerseits hätte ich dieses Bild von mir, dass ich nicht modisch bin. Ich will es ja auch nicht sein. Ich bin also “zufrieden damit, dass ich nicht modisch bin”. Ich identifiziere mich mit dieser Rolle, mit dieser extremen Haltung. Doch machen wir uns nochmals bewusst, dass diese Rolle aus einer Ablehnung entstand, um Schmerz zu vermeiden. Mein Göttliches Ich hat nichts gegen Mode und würde es geniessen, sich hübsch anzuziehen. Die Rolle, mein Selbstbild, widerspricht also meinem wahren Verhältnis zu Mode. Genau das ist der Ursprung des Widerspruchs.
Das Modell – Teil 2
Wie im obigen Beispiel gezeigt, ergibt sich die widersprüchliche Erfahrung entgegengesetzter Wünsche daher: Einerseits identifizieren wir uns mit einer (oft extremen) Rolle. Diese Rolle ist die Folge einer Reaktion auf Angst, (möglichen) Schmerz, Trotz oder ein sonstiges destruktives Muster.
Auf der anderen Seite gibt es das Göttliche Ich. Diese Göttliche Ich besteht aus unseren wahren Charakterzügen und ist selten extrem, denn es basiert auf Liebe. Das Göttliche Ich ist alles, was wir ohne Angst, Schmerz, Trotz oder sonstige destruktive Muster sind. Die Rolle, die aus Angst entsteht, widerspricht also dem wahren Wesenskern.
Die Stimme der Angst und der darauf basierenden Rolle ist meist lauter als die Stimme unseres Göttlichen Ichs. Trotzdem bemerken wir oft, dass da noch eine leisere Stimme ist, die etwas anderes sagt. Wir, in der auf Ablehnung konstruierten Rolle, wollen etwas auf keinen Fall. Es fühlt sich aber nicht richtig an, wir sind nicht glücklich mit dieser Haltung. Denn das Göttliche Ich lehnt das nicht ab. Dies ist die Stimme des wahren Selbst.

Das Modell – Teil 3
Eigentlich ist der Teil des Modells, das den entstehenden Widerspruch erklärt, fertig. Ich habe aber noch weiter nachgedacht und bin noch auf das folgende Schema gestossen.
Wir identifizieren uns mit einer Rolle, die wir uns aufgrund von Ablehnung, von Angst, konstruiert haben. Die Haltung, die wir als unsere eigene, richtige ansehen, widerspricht unserer wahren Haltung zu der Thematik. Wir sind nicht im Einklang mit unserem Göttlichen Ich. Wir spüren den Widerspruch. Es fühlt sich nicht stimmig an. Weil wir also keine Bestätigung unserer Rolle von innen bekommen, suchen wir sie uns im Aussen. Nun gibt es zwei Szenarien.
Erstens: Wir bekommen auch von aussen keine Bestätigung. Das führt zu grossen Schmerz, denn wir befinden uns in einer Situation, von der wir verstandesmässig denken, wir werden abgelehnt für das, was wir sind. Wir finden aber auch keinen Frieden in uns selbst, denn auch das Göttliche Ich bestätigt unsere Rolle nicht.
Zweitens: Wir bekommen von aussen Bestätigung. Das gute Gefühl, das uns diese Bestätigung gibt, ist aber nur sehr kurzlebig. Wir sind auf die äussere Bestätigung angewiesen, um uns einigermassen gut zu fühlen, und wir müssen uns diese Bestätigung von aussen immer und immer wieder holen. Nicht sehr nachhaltig…
Fazit
Mir ist mit diesem Modell klar geworden, warum ich manchmal widersprüchliche Gefühle habe. Ich weiss nun, dass ich bei solchen meist extremen Rollenbildern, die sich nicht stimmig anfühlen, nochmals hinschauen soll. Denn höchstwahrscheinlich bin das nicht ich, auch wenn ich mir das unter Umständen über Jahre erfolgreich glaubhaft gemacht habe. Es lohnt sich ein genauerer Blick auf die Entstehung dieser Rollenbilder. Auch wenn das bedeutet, dass ich viel Zeit und Energie reinstecken und möglicherweise tiefsitzenden Ängsten in die Augen blicken muss. Ich bin sicher, dass sich das lohnt und ich bin dankbar dafür, dass mich mein Göttliches Ich durch den gefühlten Widerspruch darauf aufmerksam gemacht hat!
One Reply on “Ein Modell”
Liebe Nella, ich wünsche dir, dass du ganz Du selber sein kannst in jedem Bereich deines Lebens und somit auch in Einklang mit deinem Göttlichen Ich…! Von Herzen, Jasmin